Diarium des Bruder Honestus
Teil 3: Carpe Daimon 2


in Tag, der wesentlich ereignisreicher war, als ich noch heute morgen erwartet hätte, liegt hinter mir. Ich bin heute Abend bei einem gastfreundlichen katothinger Bauern im Grenzgebiet zum Herzogtum Frankothingen untergekommen und werde mich gleich zur Ruhe begeben, doch vorher will ich die Ereignisse niederschreiben, die mir heute widerfahren sind...

eute morgen machte ich mich von einem kleinen frankothingischen Dorf aus auf in Richtung der Grenze zu Katothingen. Ich war vielleicht erst zwei Stunden unterwegs gewesen, als ich einen Leichnam am Wegesrand entdeckte. Der Mann war offensichtlich umgebracht und ausgeraubt worden. Ich verscharrte den armen Teufel so gut es mir möglich war. Dabei entdeckte ich einen Papierfetzen, der von der einen Faust des Toten umklammert war. Es standen Richtungsanweisungen darauf, mit denen ich aber nichts anfangen konnte, da offensichtlich einiges fehlte. Einem Impuls folgend steckte ich den Fetzen ein.

ls ich später, etwa gegen die Mittagsstunde, den Grenzposten zwischen den beiden Herzogtümern erreichte, fand ich dort eine größere Zahl Reisende vor, die sich in einiger Aufregung befanden. Ich erfuhr, daß es auch hier einen Toten gegeben hatte; daher rührte auch die ganze Aufregung. Eine Bande von Grabräubern war offenbar überrascht worden, als sie ein Grab in der Nähe des Postens plünderten. Während der Rest fliehen konnte, hatten die Grenzposten einen der Schurken niedergestreckt. Ich meldete den Grensposten den Toten, welchen ich gefunden hatte. Als ich den toten Grabräuber gezeigt bekam, fiel mir auf, daß dieser ein schwarzes Wams trug, welches jenem glich, das der Tote trug, den ich gefunden hatte. Als ich dem Gardisten dies sagte, meinte er, daß es wohl gut möglich sei, daß auch "mein" Toter zu den Grabräubern zählte, die alle ähnlich gewandet gewesen seien.

ch beschloß, eine Mittagsrast bei dem Grenzposten einzulegen und mich später anderen Reisenden nach Katothingen anzuschließen. Ich trage zwar nichts von besonderem Wert bei mir, doch angesichts der flüchtigen Grabräuber schien es mir besser, in Gesellschaft weiter zu ziehen.


Noch ahne ich nichts von dem, das da kommen wird...
(Photo: M. Poese)

och die Grabräuber sollten sich als das geringste Problem herausstellen. Völlig unerwartet tauchten im Wald Untote auf, die jeden angriffen, auf den sie stießen. Zwar konnten die Wache zusammen mit den anwesenden Recken unter den Reisenden die unheiligen Kreaturen zurückschlagen und wohl auch einige niederstrecken, doch war die Niederlage der Kreaturen nie von langer Dauer. Nach einigen Minuten erhoben sie sich wieder und griffen von Neuem an. Die Kämpfer trieben die Untoten schließlich stets in den Wald zurück, doch sie kamen nach einer gewissen Weile immer wieder und verbreiteten Schrecken unter den Reisenden. Es stand zu befürchten, daß die Geister der Toten erzürnt waren ob der Schändung des Grabes. Es mußte wieder hergestellt werden, doch wo war die Beute der Grabräuber?

uf jeden Fall bekam ich nun erst einmal einiges zu tun, denn unsere Verteidiger kamen natürlich nicht immer ungeschoren davon. Wundverbände mußten angelegt werden, und einer der Recken wurde gar von einem der Skelette gebissen und schien darauf an der Tollwut zu erkranken. Zwar war mein Wissen in der Behandlung von Krankheiten nicht groß genug, um ihn zu heilen, doch glücklicherweise war eine Heilerin unter den Reisenden, die ihm helfen konnte.


Diesem armen Teufel mußte ich sehr schwere Wunden verbinden...
Zu seinem Glück gab ihm später eine Reisende einen Heiltrank,
sonst wäre er recht lange bettlägerig gewesen.
(Photo: M. Poese)

chon bald neigten sich meine Heilkräutervorräte dem Ende entgegen. Ich sprach bei einer Gruppe der anwesenden Recken vor und bat sie, mir einen oder zwei ihrer Mannen als Geleitschutz mitzugeben, wenn ich im Wald nach neuen Kräutern suchen wollte. Im Gegenzug überließ ich ihnen den Papierfetzen, den ich bei dem Leichnam gefunden hatte. Der von den Wachen getötete Grabräuber hatte einen gleichartigen Fetzen bei sich (also war "mein" Toter tatsächlich ein Mitglied der Bande gewesen), und nun wurde vermutet, daß die Fetzen zu einer Art Karte oder Wegbeschreibung gehören mochten, die zu der Beute aus dem geschändeten Grab führen würde.

ährend ich dann mit Zerdajian, einem der Reisenden, und seiner elfischen Begleiterin Rain auf die Suche nach den dringend benötigten Heilkräutern ging, mußten die Verteidiger des Postens erneut einen heftigen Angriff der Untoten zurückschlagen. Doch glücklicherweise konnte schließlich, am späten Nachmittag, mit Hilfe der wieder zusammengestzten Wegbeschreibung, die Beute der Grabräuber gefunden werden. In der großen Truhe fanden sich nicht nur Grabbeigaben, sondern sogar die skelettierten Überreste des Begrabenen! Ob die Schurken die Knochen des offenbar recht bekannten Recken als Reliquien versilbern wollten, entzieht sich meinem Verstand.

ie Knochen und Grabbeigaben wurden sodann wieder an ihrer angestammten Ruhestätte begraben, während die Krieger einen letzten Angriff der Untoten abwehrten. Als einziger Angehöriger des Klerus an der Grabstelle erbat ich den Segen Darwiks für den Toten - wiewohl er ohne Zweifel dem einheimischen Alvas-Glauben angehört haben wird. Doch Darwik zeigte selbst in diesen fernen Landen sein Lenken, und auch die hiesigen Götter schienen mit Wohlgefallen auf uns herab zu blicken, denn tatsächlich zerfielen die erzürnten Untoten in der Folge zu Staub...


Ich erbitte Darwiks Segen für das wieder hergestellte Grab...
(Photo: M. Poese)


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© 2003  Hanno Lamp